Hafenverlagerung: Was zu tun ist

05.03.2020
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Flensburg ist eine alte Hafenstadt, und die Bindung an den Seehandel gehört seit Jahrhunderten gewissermaßen zur DNA der Stadt. Hafenkante, Museumshafen, Marineschule und viele andere maritime Bezüge sind stadtbildprägend. Dennoch ist und war Hafenbetrieb nie Selbstzweck, sondern immer ökonomisch begründet. In Zeiten leistungsschwacher und langsamer Landtransportwege florierte der Hafenumschlag stark und war Quell des Wohlstands der Stadt Flensburg.

Diese Situation hat sich in den letzten Jahrzehnten aus verschiedenen Gründen massiv geändert. So ist Flensburg seit den späten 70er Jahren an eine leistungsfähige Autobahn angebunden, und das logistische Verhalten der meisten gewerblichen Nutzer hat sich deutlich auf die Straße verlagert. Auch die Bahn hat bereits vor über zwanzig Jahren das Interesse an Flensburg als Umschlagplatz Bahn / Schiff verloren und die Hafenbahn aufgegeben. Der Stückgutumschlag ist seit Jahrzehnten eingestellt und einer der letzten Großnutzer, der HaGe-Konzern mit seinen prominenten gewaltigen Futtermittelsilos hat den Betrieb vor Jahren eingestellt.

Die navigatorische Randlage Flensburgs hat zur Folge, dass ausschließlich solche Schiffe den Flensburger Hafen nutzen, die komplett in Flensburg entladen werden, da sich der Umweg in die Flensburger Förde für andere Schiffe einfach nicht lohnt  -  der Weg von der Kanalschleuse Holtenau nach Flensburg (einschließlich langer Revierfahrt in der Förde) und zurück kostet mehr als einen Tag.

All diese Gründe haben dazu geführt, dass das Umschlagsvolumen am Ostufer (ausschließlich Kiese und Düngemittel als Schüttgüter) sich über die Jahre von einstmals weit über 600.000 t / Jahr reduziert hat auf 140.000 t / Jahr in 2019. Ein Anwachsen ist nicht in Sicht  -  auch auf Nachfrage haben in Frage kommende Flensburger Unternehmen keine Ansätze erkennen lassen, zukünftig verstärkt auf Hafenlogistik zu setzen. Der Hafenbetrieb ist hoch defizitär und kostet die Stadt Flensburg jährlich einen mittleren 6-stelligen Betrag. Außerdem ist ein Großteil des einstmaligen Hafengeländes um den Harniskai zu einer Industriebrache verkommen  -  kein schöner Anblick, Dunkelfläche und komplett versiegelt. Die Stadt tut gut daran, diese Fläche im Sinne modernen Städtebaus neuen Nutzungen  -  insbesondere auch Wohnnutzung  -  zugänglich zu machen. Die Alternative wären mit Blick auf die nach wie vor bestehende große Wohnungsnachfrage in Flensburg die Erschließung komplett neuer Viertel „auf der grünen Wiese“  -  angesichts der ungenutzten aber versiegelten Flächen im Hafen-Ost-Gebiet verbietet sich eine solche Überlegung.

Mit den Fördermittelzusagen des Landes und den Bestimmungen der Bau- und Nutzungsordnungen in Deutschland ist eindeutig klargestellt, dass mit einem aufrechterhaltenen Hafenbetrieb auf der Ostseite die Entwicklung des Ostufer-Gebiets weder finanziell zu stemmen ist noch bauordnungsrechtlich genehmigungsfähig wäre. Damit ist klar, dass der Hafenbetrieb am Ostufer mit einer sinnvollen städtebaulichen Weiterentwicklung nicht in Einklang zu bringen ist.

Ursprüngliche noch sehr grobe Schätzungen zu den Umzugskosten des Hafenbetriebs auf die Westseite gingen von einem ein- bis knapp zweistelligen Millionenbetrag aus; mittlerweile gibt es eine Studie, die für den Umzug an die Westseite der Innenförde auf das Gelände der Stadtwerke und die notwendige Ertüchtigung des Geländes und Herstellen der Infrastruktur in der kleinsten Ausbaustufe ein Kostenvolumen von 10 Mio € aufruft. Angesichts dieser nun konkreter werdenden Zahlen stellen sich zwangsläufig Fragen nach der Rentabilität, nach der Finanzierbarkeit und nach dem wirtschaftlichen Nutzen für die Stadt Flensburg, Infrastruktur bereitzustellen für die Entladung von bis zu 200.000 t Kies und Dünger in der Stadt mit anschließendem LKW-Abtransport in das Umland.

An der im Frühjahr 2019 mit Mehrheit im Rat getroffenen Grundsatzentscheidung, die Ostseite der Innenförde für neue und wichtige Nutzungen zu erschließen, ändert diese Sachlage jedoch nichts.

Joachim Schmidt-Skipiol, planungspolitischer Sprecher