Der Flensburger Haushalt und die Freude am Schenken

24.04.2021
Kommentar

Zum Flensburger Haushaltsüberschuss gab es vergangene Woche verschiedene Meldungen, doch die Antwort der Oberbürgermeisterin auf die Kritik aus der CDU-Fraktion an ihren Äußerungen vom letzten Dienstag zeigt aus Sicht des CDU-Ratsherrn Joachim Schmidt-Skipiol, dass sie den Kern der Kritik offenbar gar nicht sehen wolle. In einem Kommentar kritisiert er die augenscheinliche Freude der Oberbürgermeisterin am Geldverteilen:

  1. Die Stadt Flensburg ist seit vielen Jahren defizitär, d.h. es hat sich ein kaum mehr zu bewältigender Fehlbetrag angehäuft. Wäre die Stadt eine Firma, hätte sie schon längst Insolvenz anmelden müssen, da sie aus eigener Kraft diesen Fehlbetrag nicht mehr abbauen kann. Das ist nicht das Versäumnis der aktuellen Verwaltungsspitze, sondern aus vielerlei Gründen so gewachsen, aber jede Führung der Stadt muss sich dieser Herausforderung neu stellen.
  2. Natürlich hinkt das Insolvenzbeispiel bei einer Gebietskörperschaft wie der Stadt Flensburg, aber es illustriert, worum es wirklich geht. Bleiben wir also im Bild: im Falle der Stadt Flensburg handelt es sich um eine „Insolvenz in Eigenverwaltung“, weil sie keinen Insolvenzverwalter zur Abwicklung an die Spitze gesetzt bekommt, sondern sozusagen in Selbstverantwortung versuchen darf, die Überschuldung zu regeln. Als „Sachwalter“ kontrolliert dabei die kommunale Finanzaufsicht des Landes das Finanzgebaren und die Anstrengungen der Stadt.
  3. Um es klar zu sagen: die Stadt Flensburg ist überhaupt nicht frei in ihren finanziellen Entscheidungen, sondern Änderungen im Haushalt müssen mit der Finanzaufsicht im Land abgesprochen werden, nur dann dürfen neue Kredite zur Gegenfinanzierung aufgenommen werden. Und nur dann bekommt sie, quasi als „Belohnung“ für erfolgreiche Anstrengungen, eine sogenannte „Konsolidierungshilfe“ des Landes.
  4. In Flensburg ist zur detaillierten Betrachtung aller Ausgaben und zur Abwägung ihrer unbedingten Notwendigkeit der sog. „finanzpolitische Dialog“ mit Vertretern aus Politik und Verwaltung eingerichtet worden, der in akribischer Kleinarbeit alle Ausgaben auf den Prüfstand stellt. Für 2020 ist es diesem Gremium durch harte Sparmaßnahmen gelungen, den Haushalt so zu konsolidieren, dass das Land eine Konsolidierungshilfe von 13,8 Millionen Euro ausgeschüttet hat.
  5. Diese Summe ist nicht das Verdienst der Verwaltung, sondern eine Leistung des Landes Schleswig-Holstein in Anerkennung der Bemühungen der Stadt bei Ausgabenreduzierung und Einnahmenerhöhungen und dient ausschließlich der Konsolidierung, also dem Abbau der Altfehlbeträge.
  6. Im Zuge der Ausgleichsmaßnahmen des Landes gegen zu erwartende Gewerbesteuerausfälle aufgrund der Corona-Pandemie hat das Land großzügig kalkuliert und der Stadt 7,9 Millionen Euro zugewiesen. Tatsächlich waren die Steuerausfälle im letzten Jahr mit lediglich 800.000 Euro deutlich geringer - dennoch hat das Land die „überzahlte“ Summe nicht zurückgefordert. Es verbleibt also ein unverhofftes „Geschenk“ an den städtischen Haushalt, das keinesfalls auf irgendwelche erfolgreichen Maßnahmen der Verwaltung zurückzuführen ist, sondern ausschließlich auf die offensichtlich solide Leistung der Wirtschaft, die trotz Corona fast dasselbe Steueraufkommen ermöglicht hat, wie vorab eingeplant.
  7. Diese zusätzlichen Mittel des Landes ist nicht dazu gedacht, nunmehr Gelder auszuteilen, die spätestens im nächsten Jahr zur Erhöhung des Defizits führten (oder möchte man die dann wieder zurücknehmen?). Dieses Geld muss zum umso schnelleren Abbau des aufgelaufenen Defizits verwendet werden, um ENDLICH WIEDER AUS EIGENER KRAFT HANDLUNGSFÄHIG ZU WERDEN. Die nächsten Haushalte werden defizitär genug!

Joachim Schmidt-Skipiol abschließend: „Es mag sein, dass dies kein hinreichendes Argument für die Oberbürgermeisterin ist, und es drängt sich der Verdacht auf, dass sie den Wahlkampf für ihre Wiederwahl im nächsten Jahr mangels befürchteter geringerer politischer Unterstützung schon jetzt mit Wahlgeschenken beeinflussen möchte, aber als erklärte Partei realistischer Politik und finanzieller Ehrlichkeit wird die CDU - auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Bürger und Bürgerinnen dieser Stadt - immer für einen soliden Haushaltskurs eintreten.“

Bezug: Artikel im Flensburger Tageblatt zum Thema Haushalt vom 20.04., 22.04. und 23.04.2021